Die Jahre des Wachstums in der Kunststoffbranche sind (zumindest teilweise) beendet: Während die Kunststoffverarbeiter in den vergangenen Jahren von Rekordergebnis zu Rekordergebnis eilten, ging der Branchenumsatz im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent auf rund 65 Mrd. Euro zurück. Eine äußerst emotional IMG_6143-neu.jpggeführte Debatte zu Kunststoffmüll und -verwertung in der Gesellschaft vermischte sich mit einer international insgesamt schwierigen Wirtschaftslage. Diese Analyse und weitere Branchenangaben präsentierte der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) auf seiner traditionellen Jahrespressekonferenz am Aschermittwoch in Frankfurt am Main.

Stärkste Einbußen seit Weltwirtschaftskrise

Der Rückgang des Branchenumsatzes stellt ein Novum seit der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 dar. Er fügt sich ein in eine im Vergleich zum Vorjahr schwächere Gewinnentwicklung sowie in sinkende Kunststoffexporte – wobei die im Inland getätigten Umsätze noch stärker zurückgingen als die Exporte. In das Gewicht fielen insbesondere der Umsatzrückgang im Bereich Technische Kunststoff-Produkte und Compoundierung (minus 4,8 %), - ursächlich hierfür war unter anderem der Einbruch in der Automobilproduktion - sowie der gesunkene Absatz bestimmter Kunststoffverpackungen (minus 2 %). Die Anzahl der Beschäftigten stagnierte, blieb 2019 mit 336.000 Beschäftigten aber noch auf einem hohen Niveau. Die Antworten der Unternehmen auf die Frage ihrer Personalplanung bereiten jedoch Anlass zur Skepsis, inwieweit dieses Niveau im laufenden Jahr 2020 gehalten werden kann.

Gewichtige Gegenspieler: Konjunktur und Meinungsklima

IMG_3267-neu.jpgFür die Wirtschaftsentwicklung waren nach Aussagen des GKV-Präsidenten Roland Roth zwei wesentliche Einflüsse entscheidend. Erstens hätten eine leicht strauchelnde Weltkonjunktur und Unsicherheiten im Außenhandel zu einem Umsatzrückgang geführt. Zweitens habe auch die emotionalisierte öffentliche Debatte rund um Kunststoffabfälle die Branche belastet. Roth stimmte zu, dass weltweit bessere Antworten auf Mikroplastik und Meeresmüll gefunden werden müssen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Folgen überhasteter politischer Regulierungen jedoch drohen, der Umwelt eher zu schaden als ihr zu nutzen. So verleite das Verbot der Tragetasche aus Kunststoff zum Kauf ökologisch nachteiliger Alternativen.

Klar ist: Widersprüchliche politische Signale sorgen für Verunsicherungen im Markt. Denn wer investiert noch in innovative Anlagen und Produkte, wenn er nicht weiß, ob die Anwendung im Jahr darauf womöglich schon verboten ist? Und wer verfügt überhaupt noch über den finanziellen Spielraum für Investitionen in ressourcenschonende Innovationen, wenn künftig eine europäische Abgabe auf diverse Kunststoffverpackungsabfälle zu erwarten ist?

Her mit dem offenen Diskurs!

Vor diesem Hintergrund äußerte GKV-Präsident Roland Roth den Wunsch, wieder stärker in offenen und rationalen Diskursen nach den besten Lösungen zu suchen. So seien viele Vorwürfe nichts mehr als reine Glaubensfragen, wie das Beispiel der Verbote von Kunststoff-Einwegprodukten zeige. Die vielen Vorteile des Werkstoffs Kunststoff erreichten die Menschen aufgrund der negativen Stimmungsmache hierzulande nicht mehr. Und das bliebe nicht ohne Folgen – auch für das Image der Unternehmen und ihrer Suche nach Auszubildenden und Fachkräften sowie das Interesse der Abiturienten an Studiengängen wie Kunststofftechnik.

Werkstoff mit Zukunft – Zukunft des Werkstoffs in Deutschland

Die Zukunft läge, so Roth, in einer nachhaltigen Ressourcen- und Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen, deren Kernelemente der Branchenverband in seinem Positionspapier „Nachhaltig wirtschaften mit Kunststoffen“ skizziert.

Fest steht, dass für den Kunststoff-Standort Deutschland herausfordernde Zeiten begonnen haben und das gilt – ohne zu viel vorwegzunehmen – auch für die Kunststofferzeuger, wie das PlasticsEurope Wirtschaftspressegespräch am 12. Mai dieses Jahres zeigen wird.

Die kompletten Unterlagen zur Jahreswirtschaftspressekonferenz sind auf der Webseite des GKV verfügbar.