Die Frage, wie es uns gelingt, dass weniger Kunststoff-Abfälle in die Ozeane gelangen, beschäftigt uns alle. Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als 80 Prozent des Meeresmülls Kunststoffe sind. So ist klar: Die Kunststoffindustrie ist gefordert, maßgeblich zur Lösung dieses Problems beizutragen.
WebTalk der Friedrich-Naumann-Stiftung
Wie genau sie das angeht, schilderte Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer PlasticsEurope Deutschland, bei der Online-Diskussionsrunde „Weniger ins Meer“ der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNS) am 17. März. Moderiert vom TV und Radio-Journalisten Andreas Horchler, waren auch Gesine Meißner MdEP a.D. und aktuelle Vorsitzende des deutschen Komitees für die UN-Meeresdekade sowie Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs bei Werner & Mertz mit dabei.
Gesine Meißner MdEP: „Müssen dieses Jahrzehnt für den Meeresschutz nutzen“
Das spannende Setup versprach eine inhaltsreiche Diskussion. Nachdem Moderator Andreas Horchler in einem kurzen Einspielvideo die Dringlichkeit des Problems visualisierte, waren die Teilnehmer an der Reihe. So startete Meißner mit einem Appell, dieses Jahrzehnt zu nutzen, um das Meer zu schützen und nachhaltige Entwicklungen anzustoßen. Dabei seien die Herausforderungen nicht alleine mit Verboten und Regulierungen zu lösen. Die Leitfrage sei, welche Ziele sich wie erreichen lassen. So seien die von der EU-Kommissionen angestoßenen Einwegplastikverbote beispielsweise mit weiteren Gesetzen gekoppelt, sodass weniger Abfall von Schiffen ins Meer gelangt. Unter anderem wurden alle Seehäfen verpflichtet, Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfall bereitzustellen.
Ingemar Bühler: Kunststoff-Produkte sind Wertstoffe – und nach ihrer Nutzung in den Kreislauf zurückzuführen!“
Ingemar Bühler stimmte Gesine Meißner zu, dass sich aus dem sinnvollen und notwendigen Verbot bestimmter Einwegkunststoffprodukte (die betroffenen Produkte machen immerhin 70 Prozent des Meeresmülls aus) nicht ableiten lässt, dass sich alle Probleme mit weiteren Verboten lösen lassen. Manche Verbote, so Bühler, könnten sich nachteilig auf das Erreichen der Klimaschutzziele auswirken.
Denn oftmals seien Kunststoffe, sowohl was ihre Leistungsfähigkeit und die Ökobilanz anbelangt, die erste Wahl vor alternativen Materialien. Umso mehr verwies Bühler darauf, dass zur Lösung unbedingt gehört, Produkte aus Kunststoff nach ihrer Nutzung nicht als Müll, sondern als Wertstoffe zu sehen und zu nutzen: „Damit weniger Kunststoff-Produkte ins Meer gelangen, müssen sie nach ihrer Nutzung weiterhin als hochwertige Wertstoffe gehandelt werden."
Kreisläufe schließen, Einträge in die Umwelt verhindern
Gerade deshalb seien die Kunststofferzeuger auch einer der wichtigsten Treiber der Kreislaufwirtschaft und investierten derzeit in Anlagen für neue Recycling-Technologien ebenso wie in zahlreiche Produktinnovationen – die vollständig recycelbare Waschmittel-Verpackung ist hier nur ein Beispiel von vielen. Klar sei laut Bühler aber auch, dass die Politik nicht um gezielte Verbote vorbeikomme: „Zu viele europäische Länder verbringen noch viel zu viele Abfälle auf Deponien. Hier helfen Verbote definitiv“. Ein Verbot der Deponierungspraxis wäre gleich doppelt bedeutend: Der Abfall würde nicht in die Umwelt gelangen und die Mengen der gesammelten und sortierten – sprich: für die Kreislaufwirtschaft verwertbaren Kunststoffe – würde erheblich gesteigert werden.
Timothy Glaz: „Kunststoffe auf Recyclingfähigkeit trimmen“
Dies befürwortete auch Timothy Glaz, der für die Frosch-Produkte, die Werner & Mertz herstellt, auch auf ausreichende Mengen qualitativ hochwertiger Rezyklate angewiesen ist. Darüber hinaus wies Glaz darauf hin, dass auch Hersteller künftig in noch viel stärkerem Maße Kunststoffe „von Anfang an auf ihre Recyclingfähigkeit trimmen sollten“. Denn nur dann bekämen sie eben auch den von Bühler angesprochenen Wert nach ihrer Nutzung. Mit Glaz‘ weiterer Aussage zur Notwendigkeit der Nachfrage für Rezyklate – der Preis sei nach wie vor ein entscheidender Faktor – entfaltete sich eine spannende Diskussion zur Verantwortung der Verarbeiter, Inverkehrbringer und letztlich auch der Konsumenten, die nicht zwangsläufig auf das Glitzerprodukt im Drogerieregal zurückgreifen müssten.
Die Problematik ist und bleibt äußerst komplex und lässt sich nur über eine Vielzahl von Pfaden entgegnen. Das Bewusstsein ist vorhanden, das Engagement kommt in Fahrt. Nun werden sichtbare Fortschritte folgen müssen. Und vermutlich auch ein WebTalk 2.0, wie Moderator Horchler bereits andeutete.
Mitschnitt der Veranstaltung:
Mehr Informationen zur Nachhaltigkeit von Kunststoffverpackungen finden Sie hier.