Rund 1.000 Aussteller, über 50 Pkw-Marken, mehr als 10.000 Journalisten aus über 100 Ländern und eine erwartete Besucherzahl von gut 800.000 Menschen: Mit solchen Superlativen schmückt sich die 67. Internationale Automobilausstellung IAA, die vom 14. bis 24. September 2017 in den Frankfurter Messehallen stattfindet. Im Blickpunkt der Ausstellung, die längst mehr ist als „nur" eine Autoshow, stehen Themen wie digitale Vernetzung, Automatisierung und alternative Antriebe. Gerade bei letzterem spielt Kunststoff übrigens eine Schlüsselrolle.
Eine Million Elektroautos möchte die Bundesregierung bis 2020 auf Deutschlands Straßen sehen, bis 2030 soll diese Zahl auf sechs Millionen steigen. Frankreich wiederum will in den nächsten 20 Jahren aus Klimaschutzgründen herkömmliche Benzin- und Dieselfahrzeuge aus den Städten verbannen. Da kommt die IAA gerade recht, um neue Facetten der Mobilität zu präsentieren, etwa bei Antriebsarten abseits des gängigen Verbrennungsmotors. Für die Formgebung künftiger Fahrzeuge eröffnet insbesondere der Umstieg auf Elektroantriebe ganz neue Möglichkeiten. Im Gegensatz zu Autos mit Benzin- und Dieselmotoren fallen hier eine Menge Betriebsteile wie das Getriebe, die Abgasanlage oder der Tank weg. Gleiches gilt aber auch beim noch relativ jungen Trend zum autonomen Fahren, dem auf der IAA in Halle 3.1 zusammen mit der Elektromobilität eine Schwerpunktausstellung gewidmet ist. Das selbständig fahrende Auto, gleichzeitig Wohnzimmer, mobiler Arbeitsplatz und Besprechungsraum in einem, benötigt ganz andere Fahrwerks-, Assistenz- und Sicherheitssysteme als herkömmliche Fahrzeuge. Beide Trends, Elektro- und automatisierte Mobilität, stellen Ingenieure und Designer folglich vor ganz neue Herausforderungen. Unterstützung bietet Kunststoff, der aufgrund seiner hohen Flexibilität und Designfreiheit sowohl als Einzelwerkstoff als auch im Materialverbund zahlreiche intelligente Lösungen für den modernen Automobilbau bereithält. Schon heute ermöglichen Kunststoffe im intelligenten Materialmix mit Stahl und Aluminium leichte und enorm belastbare Strukturen mit hoher Funktionsdichte. Karosserieelemente werden so nicht nur leichter, auch neue Funktionen können in die Außenhaut des Autos integriert und die Aerodynamik verbessert werden. Dazu kommt, dass Gehäuse, periphere Funktionen und Verbindungselemente der E-Auto-Batterie so leicht wie möglich sein müssen, um die Effizienz des Antriebs mittels Gewichtsreduktion zu erhöhen. Der in Bauteilen wie den Batteriegehäusen oder -aufhängungen eingesetzte Werkstoff muss zudem gleichzeitig crash-absorbierend sein. Eine Vielfalt an Eigenschaften, die häufig nur mit Kunststoff erreicht wird.
Kein Wunder, dass Kunststoff auf der IAA auf vielfältige Weise vertreten ist. Für die Automobilhersteller ist der Werkstoff ein Segen, hilft er doch häufig als Leichtbaumaterial mit, die immer strenger werdenden Emissionsrichtlinien einzuhalten, ohne dass Einschnitte in puncto Sicherheit und Komfort vorgenommen werden müssen – eher im Gegenteil. Dementsprechend häufig findet sich der Werkstoff in den Ausstellungshallen, sei es integriert in moderne Leichtbau-Karosserien oder als sicherheitsrelevante Bauteile wie Ansaugkrümmer oder Getriebequerträger. Das Institut für Kunststoffverarbeitung der RWTH Aachen zeigt darüber hinaus auf der IAA in Halle 4 einige innovative Forschungsansätze. Auf dem Gemeinschaftsstand NRW geht es unter anderem um die Entwicklung von Hybridbauteilen, die Produktion von Leichtbauteilen in Kombination mit der Additiven Fertigung sowie Forschungsthemen aus dem Bereich der faserverstärkten Kunststoffe. Spannend ist insbesondere das Schwerpunktthema „Produktentwicklung mit komplexen Werkstoffen": Hier zeigt das IKV die Material- und Verfahrensentwicklung bei der Herstellung mobiler Brennstoffzellen mit kunststoffbasierten Bipolarplatten – ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität mit polymerer Unterstützung.
Foto: Ein Schwerpunkt beim IKV-Auftritt: Automatisierte und ressourceneffiziente Produktion von thermoplastischen Composites für automobile Leichtbauanwendungen am Beispiel einer Sitzstruktur / Fraunhofer ILT