Aus Wind- und Sonnenenergie wird bereits überall auf der Welt effizient Strom gewonnen. Warum nicht gleiches mit der schier unerschöpflichen Kraft aus den Meeren schaffen? Vorhaben, die eine Energiegewinnung aus dem Meer zum Ziel haben, blieben bislang häufig in Ansätzen stecken: Zu aufwändig, zu kostspielig, wenig effektiv. Ein noch recht junges Verfahren steht jetzt auf dem Sprung zur Großanlage: Die Rede ist von einem Gezeitenkraftwerk, das laut Hersteller schon bei langsam strömendem Wasser Strom aus dem Tidenhub gewinnt – und dafür auf Kunststoff-Verbundwerkstoffe setzt.
Das Projekt mit dem lautmalerischen Titel Deep Green wird von einem schwedischen Unternehmen betrieben. Das Gezeitenkraftwerk sieht in etwa aus wie ein Kitedrache unter Wasser, bestehend aus einem Flügel und einer Turbine und verankert am Meeresgrund. Nach Herstellerangaben ist Deep Green das erste Gezeitenkraftwerk, das Tidenenergie auch aus langsam fließenden Gewässern gewinnt, die bisher als unproduktiv galten. Damit aber schon geringe Strömungsgeschwindigkeiten für die Stromernte ausreichen, braucht es einen Flügel von enormer Spannweite. Dank der bei Green Deep eingesetzten Kunststoff-Verbundwerkstoffe umfasst der Flügel eine Länge von 12 m von einer Flügelspitze zur anderen. Gleichzeitig trotzt das Material den besonderen Anforderungen der Meeresumgebung und ist trotz seiner Größe „schlanke" drei Tonnen schwer.
Bevor diese Form der Energiewende aus dem Meer in den kommerziellen Betrieb gehen kann, finden aktuell noch Tests unter Realbedingungen statt. Erste positive Erfahrungen mit kleineren Gezeitenkraftwerken zeigen aber bereits das Potenzial, das in dieser Technologie steckt. Die beteiligten Unternehmen gehen davon aus, noch in diesem Jahr eine erste Großanlage starten zu können. Die dabei durchzuführenden umfangreichen Prüfungen und Messungen sind notwendig, um den reibungslosen Betrieb der Anlage auch in der Langzeitanwendung sicherzustellen. Ziel von Green Deep ist die kommerzielle Energieerzeugung aus langsamen Meeres- und Gezeitenströmungen – auch, um dadurch den globalen Fußabdruck der Energiebranche zu minimieren.
Dass dies nicht der einzige vielversprechende Ansatz ist, Energie aus dem Meer zu gewinnen und dabei auf Kunststoffmaterialien zu setzen, zeigt dieser Beitrag.
Foto: Minesto